„Alle Achtung! Wie Mann und Frau sich in Würde begegnen“

Der Weg Nr. 7 zur erfüllten und glücklichen Partnerschaft


Achtung ist eine wesentliche Grundlage, ein Nährboden für die Liebe. Unter Achtung verstehen wir in erster Linie eine grundsätzliche, innere Haltung, während es bei der Wertschätzung von Weg Nr. 5 mehr um den alltäglichen Umgang geht. Dennoch kann Achtung sich im äußeren Handeln zeigen und muss sich dort auch bewähren. Wenn Du bereit bist, in Deiner Achtung immer weiter zu reifen, bist Du auf dem Weg Nr. 7 unterwegs. Er gelingt nur als Selbstachtung der eigenen Person gegenüber und als Fremdachtung für den/die Partner/in. Die Selbstachtung knüpft stark am Weg Nr. 6 an, der auf den Frieden mit sich selbst gerichtet ist.

Impuls zur Standortbestimmung

Unser Impuls zur Standortbestimmung besteht aus einem Leitsatz und einer Kardinalfrage. Der Leitsatz für Weg 7 schließt auch die Entwicklung ein, die jede/r schon durchlaufen hat.

Wir achten uns gegenseitig als gleichwertig - in unseren jeweiligen Rollen und mit unserer Geschichte.

Was würdest Du spontan sagen: Kannst Du diese Aussage unterschreiben? War das schon immer so? Hab bei Deiner Selbsteinschätzung auch die Selbstachtung im Blick!

Die Kardinalfrage fordert Dich zu einem klaren Ja oder Nein heraus. Lass die Kardinalfrage bzw. Deine Antwort eine Zeitlang auf Dich wirken, bevor Du weiterliest!

Kannst Du Deinen Partner bzw. Deine Partnerin mit allem achten, was ihn bzw. sie ausmacht und was er/sie mitbringt?

Woran Du erkennst, dass es nicht stimmt

„Ich bin doch kein Kleinkind“, „Jetzt lass´ Dich doch nicht immer so bedienen!“, „Bist Du hier der Boss, oder was?“ – solche Äußerungen weisen oft auf Probleme mit der Achtung hin. Fehlende Achtung reicht von kleinen Achtlosigkeiten im Alltag, die sich über die Zeit zu großem Leid ansammeln können, über gewohnheitsmäßiges Übersehen und Überhören, Anmaßung, respektlose Redensarten bis hin zu regelrechter Verachtung oder Misshandlung.

Ein Mangel an Achtung ist übrigens häufig der Grund dafür, dass das Verhältnis von Geben und Nehmen in der Partnerschaft als unausgewogen erlebt wird (Weg Nr. 4). Oft ist es die Frau, die dann findet, dass sie zu wenig zurückbekommt für das, was sie gibt. Dass Wertschätzung nicht ankommt, hat oft ebenfalls damit zu tun. Die gute Balance von Zusammengehörigkeit und Eigenständigkeit (Weg Nr. 1) sowie die Erfahrung beglückender Gemeinsamkeit (Weg Nr. 3) brauchen die gegenseitige Achtung ebenfalls als Grundlage.

Was Du unbedingt wissen solltest

Ein Schlüssel zur Achtung zwischen Mann und Frau besteht darin, dass Ihr beide Euch als gleichwertig seht, sowohl von der Person als auch vom Geschlecht her. Das wechselseitige Bekenntnis zur Gleichwertigkeit wird umso wertvoller, je mehr die eine oder der andere bereits Diskriminierung, Vorurteile und Selbstzweifel aufgrund des Geschlechts erfahren hat – sei es im Beruf, in der Ausbildung oder im Elternhaus. Speziell die Männer können hier bei den Frauen einiges von dem wiedergutmachen, was anderswo versäumt wurde.

Gleichwertigkeit bedeutet nicht zuletzt, dass Ihr es Euch gegenseitig zutraut und manchmal auch zumutet, dass jede/r die Belastungen und Lebensaufgaben meistert, die der jeweilige Lebensweg und etwaige Schicksalsschläge mit sich gebracht haben. Dem Partner bzw. der Partnerin darin zur Seite zu stehen, ist die Haltung, die für beide stimmig ist. Solche Lasten einfach nur abzunehmen, mag gut gemeint sein, gefährdet allerdings das Prinzip der Gleichrangigkeit (mehr dazu bei Weg Nr. 8). Das rigorose Abnehmen oder Freihalten führt oft dazu, dass die entlastete Person geschwächt wird, sich womöglich bevormundet fühlt oder sich bequem in der Unterverantwortung einrichtet. Die abnehmende Person hingegen gerät oft in eine Überlastung und bekommt dafür zum Teil noch „eins auf den Deckel“. Was die alltägliche Lebensführung anbelangt, gehört es selbstverständlich zu einer guten Beziehung, sich gegenseitig Dinge abzunehmen.

Und gleich noch ein Schlüssel: In Deiner Beziehung ist so viel gewonnen, wenn Du als Mann zu Deiner Frau aus freien Stücken sagen kannst: „Ich achte Dich als meine Frau!“ – und umgekehrt. Hast Du das schon mal getan? Wenn nicht, hole es nach und mach Dir bewusst, wie viel in diesem kleinen Satz steckt.

Du erklärst damit Deine Zusammengehörigkeit und sendest eine eindeutige Botschaft zu den Eltern und Schwiegereltern aus. Was immer andere denken mögen, Du stimmst auf diese Weise der Wahl zu, die Du mit Deiner Bindung getroffen hast. Beides zusammen hat bei manchen Paaren Beschuldigung, Zweideutigkeit und Ungewissheit schon schlagartig beendet. Du schließt mit diesen Worten außerdem andere Rollenzuordnungen aus, die ein Gefälle bzw. eine Schieflage schaffen – etwa in der Art: „Du bist meine Frau und nicht meine Mutter“, „Ich bin Deine Frau und nicht Deine Tochter“ oder „Wir sind Mann und Frau und nicht Bruder und Schwester“.

Übrigens beinhaltet der kleine Satz auch die Achtung des Unterschieds zwischen Mann und Frau (siehe Weg Nr. 2).

Wenn die Partner Eltern sind, dann ist es auch wichtig, sich zu zeigen: „Ich achte Dich als Vater/Mutter unserer Kinder“.

Alle Partner/innen sind Kinder ihrer Eltern. Insofern stärkt es Euren Zusammenhalt, wenn Ihr die Achtung auch in Richtung Elternhaus ausdehnt. Indem Du achtest, was Du von zuhause in die Paarbeziehung mitbringst und was Dein/e Partner/in mitbringt, bettest Du die Partnerschaft in etwas Größeres ein, das Euch beide trägt. Wenn es Dir gelingt, Dein Gegenüber genau mit diesen seinen Eltern anzunehmen, hilfst Du ihm bzw. ihr dabei, etwaige Zerreißproben zu vermeiden oder vielleicht sogar mit neuen Augen auf die Herkunft zu schauen.

Manche Schwiegereltern können Dir aufgrund ihrer Werte, Eigenarten oder Verhaltensweisen die Achtung verdammt schwer machen (mehr dazu bei Weg Nr. 9). Was tun? Mach Dir zuerst klar, dass Achtung nicht bedeutet, ein Verhalten gutzuheißen. Da hast ein Recht darauf, bestimmte Dinge abzulehnen, und niemand kann Dich zwingen, eine andere Person sympathisch zu finden. Du musst dies aber nicht offensiv austragen. Und trotz Deiner Vorbehalte kannst Du dahin kommen, die Tatsache an sich zu achten, dass es diese Schwiegereltern waren, die Deiner Partnerin bzw. Deinem Partner das Leben geschenkt haben und sie/ihn großgezogen haben. Ohne sie gäbe es diese Frau bzw. diesen Mann für Dich nicht. Außerdem bist Du immer in der Lage, in der Herkunftsfamilie Deines Partners ein paar scheinbare Kleinigkeiten zu entdecken, die der Rede wert sind: z.B. eine nette Anekdote, das leckere Essen bei der Schwiegermutter, die schöne Wohnlage des Hauses, in dem die Schwägerin wohnt.

Achte das, was jede/r von Euch nach bestem Wissen und Gewissen beiträgt, um Euch das Leben zu ermöglichen, das Ihr führt. Die beiden Elternhäuser machen davon nur einen Teil aus. Was jede/r von Euch aus der eigenen Herkunft gemacht hat, was Ihr hinter Euch lassen konntet, welche sonstigen Herausforderungen Ihr gemeistert habt, welche Qualitäten Ihr im Laufe Eures Lebens ausgebildet habt, all das zählt mindestens genauso und ist der Achtung wert.

Zeit für Besinnung – unsere Reflexionsfragen

Welche Erfahrungen in der Partnerschaft haben meine Selbstachtung gestärkt?

Wofür wurde mein/e Partner/in auf seinem/ihrem Lebensweg am wenigsten geachtet? Wie kann ich das ausgleichen?

Welche Form der Achtung durch mich würde meiner Frau bzw. meinem Mann besonders zu Herzen gehen?

So kommt Ihr voran – unsere drei Tipps

Ein Prosit auf das Wachstum

Setzt Euch mal zusammen und stoßt auf das an, was Ihr gemeistert habt!  Unser Vorschlag: Nehmt dafür die drei größten Herausforderungen, die jede/r für sich vor Eurer Beziehung bestanden hat, sowie die drei größten gemeinsamen Herausforderungen während Eurer Partnerschaft!

Lebensgeschichtlicher Austausch

Eine wunderschöne Form der Achtung sind das wechselseitige Interesse und die Anteilnahme an der jeweiligen Lebensgeschichte mit all ihren Höhen und Tiefen. Nutzt diesen Schatz immer wieder mal als Quelle der gegenseitigen Achtung und des immer tieferen Verständnisses füreinander! Dabei helfen Fragen wie: Was sind Deine schönsten Erinnerungen an die Kindheit? Wer waren Deine größten Vorbilder? Wie ist es Dir gegangen, als das Ereignis x passierte? Welche Tradition aus Deinem Elternhaus lebst Du weiter?

Der/die Partner/in als Repräsentant/in eines Größeren

Betrachte Deine Frau, Deinen Mann einmal simultan als Vertreter/in des eigenen Geschlechts und als Vertreter/in der Generation, in die er/sie hineingeboren wurde. Wofür könntest Du ihr/ihm aus dieser Perspektive einen besonderen Respekt entgegenbringen und einen Dank aussprechen?

Was uns persönlich bewegt - zwei Statements von uns zu dem Weg

 

Christoph Nitschke
Lange bevor ich den Weg der Achtung kannte, fiel es mir leicht, Karin für ihr So-Sein zu achten. Auch ebnete sie mir den Weg dafür, weil sie selber voller Achtung für sich war. Die Frauenbewegung der achtziger Jahre und ihr kleiner Bruder, die Männerbewegung, hatten starken Einfluss auf uns beide. Aus diesem Geist heraus beschäftigten wir uns beide intensiv mit dem Mann- und Frausein und hatten dann in uns als Person ein wunderbares buntes Übungsfeld, um in der Achtung des Männlichen und Weiblichen zu wachsen. Langer Rede kurzer Sinn: Karin ist für mich die großartigste Frau, die ich kenne. Natürlich hat sie viele wunderbare Qualitäten, die mir an ihr gefallen. Doch Achtung ist noch etwas anderes. Wovor ich vielleicht die größte Hochachtung habe, ist ihre Fähigkeit, den Herausforderungen des Lebens immer wieder offenherzig zu begegnen.

 

Karin Scheinert
Ich weiß gar nicht mehr, seit wann für mich klar war: Mann und Frau sind gleichberechtigt und gleichwertig. Davon war ich schon als Mädchen überzeugt und für diese Überzeugung bin ich eingetreten und dafür habe ich auch viele Jahre politisch gekämpft. Diese Haltung wurde sicherlich auch durch mein Elternhaus gefördert. Meine Eltern waren beide in Vollzeit erwerbstätig und teilten auch die Hausarbeit unter sich auf. Für die damalige Zeit waren sie in dieser Hinsicht Pioniere. Somit war es für mich ganz selbstverständlich, dass auch der Mann im Haushalt mithilft und sich um die Kinder kümmert. Als Christoph und ich uns am Ende unseres Studiums in Berlin ineinander verliebten, war ich begeistert, auf einen Mann zu treffen, der sich ganz aus sich selbst heraus wissenschaftlich und auch sonst mit dem Thema der Frauenemanzipation und Frauenforschung beschäftigt hat. Und eine der schönsten Synchronizitäten in unserem Leben erlebten wir, als wir Anfang 40 waren: Ohne es voneinander zu wissen, weil wir gerade beruflich an verschiedenen Orten unterwegs waren, beschäftigte ich mich intensiv mit meiner Weiblichkeit und Christoph mit seiner Männlichkeit. Als wir uns wiedersahen, erzählten wir uns gegenseitig davon. Christoph fragte mich dann, ob wir noch ein zweites Kind miteinander haben wollen und meine Antwort darauf war ganz klar: Ja!  Einen Monat später war ich schwanger und neun Monate später wurde unsere zweite Tochter Alena geboren.